ANDREAS DUSCHA | White Collar

Christine König Galerie, Vienna | Ocotber 18 – November 11, 2018

Andreas Duscha (*1976 in Heidenheim a. d. Brenz, Deutschland), der als kritischer wie leichtfüßiger Geschichtenmanipulator bekannt ist und sich mit Vorliebe “aus der Zeit gekommener” fotografischer Techniken bedient, entwirft in seiner aktuellen Ausstellung einen Parcours zwischen kunsthistorischem Zitat und Überwachungswahn. Der titelgebende “White Collar” zollt dabei der gleichnamigen US-amerikanischen Krimiserie Tribut, deren Protagonist ein Trickbetrüger ersten Ranges ist. Auch Yves Klein wird von seinen Kritikern manchmal als solcher bezeichnet, schuf er doch sein „erstes unendliches und immaterielles Gemälde am Strand von Nizza liegend, indem er den blauen mediterranen Himmel signierte und zu seinem ersten und größten ‚Monochrom‘ erklärte.“

In diesem Sinn widmet Andreas Duscha die Cyanotypien Yves Klein. Der erste Raum besticht durch eine Übersetzung von Arbeiten Kleins, die Duscha mithilfe des alten Edeldruckverfahrens auf Leinwand appliziert – International Klein Blue auf Preußischblau sozusagen. Es sind subtile Überlagerungen, nur die Umrisse deuten die Hommage an Yves Klein an. Mit der Wahl einer hauchdünnen Leinwand anstatt des lichtempfindlichen Fotopapiers entwickelt Andreas Duscha das Medium einen Schritt weiter. Es ist der Versuch, wie Duscha – sich selbst ironisierend – sagt, der Malerei so nahe wie möglich zu kommen. Eine Referenz zu Yves Klein also, aber auch das Hinterfragen der Mystifizierung einer Künstlerpersönlichkeit.

Vom Abstraktum in der bildenden Kunst führt Duscha den Betrachter zum Abstraktum der Zeit: Neun in Diptychen arrangierte, stehengebliebene Uhren zeugen vom Verschwinden der Zeitanzeige im öffentlichen Raum. Ihre Notwendigkeit wurde durch die Digitalisierungswut des 21. Jahrhunderts weitgehend obsolet, sodass die vorprogrammierte innere Uhr des Großstadtmenschen ins Wanken gerät. Andreas Duschas Sandkorn also im wohl geschmierten Getriebe des Kapitalismus, dessen Slogan “Zeit ist Geld” von ihm elegant ausgespielt wird. Denn es erfordert zumindest etwas an Aufmerksamkeit, um das Stehenbleiben einer Uhr zu bemerken. Nur zwei Mal am Tag zeigen sie die richtige Zeit, wenn auch nur eine Minute lang: dies sind die bildgebenden Momente.

Die Manipulation von Zeit ist auch Thema im letzten Raum der Ausstellung: Unter Verwendung von Lochkameras erzeugt Andreas Duscha dichte Bilder von Orten im öffentlichen Raum, die unter konstanter Videoüberwachung stehen. Der Inhalt der Aufnahmen wird durch die lange Belichtungszeit bis zur Unkenntlichkeit aufgelöst und der Abzug zu einem Phantom des ursprünglichen Vorganges. Die hinter Glas gerahmten Arbeiten sind Verdichtungen von stundenlangem Material, das im Normalfall keiner weiteren Verwendung zugeführt wird. Dem ununterbrochen beobachteten Menschen, also uns allen im öffentlichen Raum, erfasst dabei dennoch großes Unbehagen.

Zur Ausstellung erschien eine von Andreas Duscha gestaltete Editionsflasche für Wodka Linia (Artist Edition №2).