Art Rotterdam, New Art Section | February 5 – 9, 2020
Mens mala in corpore sano
Für die Präsentation auf der Art Rotterdam 2020 schafft Felix Burger eine raumgreifende Installation aus Spiegelwänden, kopflosen Puppen, umgebauten Sexmaschinen, zwei Videos und einer Serie von Siebdrucken – eine Leistungsschau unseres akuten gesellschaftlichen Fitnesswahns gepaart mit chronischer emotionaler Unausgeglichenheit.
Der Titel der Gesamtinstallation und ihrer Teile „Don’t Be Maybe“ ist einerseits aus einer Marlboro Tabakwerbung aus 2011 bekannt, andererseits als Hashtag auf Instagram verbreitet; in beiden Fällen wird dazu aufgerufen, kein Unentschlossener zu sein. Die zynische Übersetzung des Zustands von (Mit-)Machen und Überlegenheit manifestiert sich in Felix Burgers Arbeit in der Abstraktion und Perversion von maskulinen Verhaltenscodes.
So werden kopflose Puppen, im Zentrum des Spektakels an Maschinen befestigt und vermeintlich auf vor ihnen liegende Fitnessinstruktionen auf Tablets blickend, mechanisch vor und zurück bewegt. Transfusionsschläuche transportieren eine grüne Flüssigkeit, die von einer Master-Puppe extrahiert werden und am anderen Ende Playboy-Deo Spraydosen füllen, als Verweis auf die allgegenwärtige Möglichkeit, der Leistungssteigerung nachzuhelfen.
Die Reflexionen in den umgebenden Spiegelwänden verstärken die Assoziation zum Fitnessstudio und integrieren den Betrachter in das Setup. Sie werden von zwei Videos gebrochen, die an großen Monitoren im Raum platziert sind. Auf einem Bildschirm sind zwei maskierte, identisch gekleidete, männliche Figuren zu sehen, vermeintliche Fechter ohne Florett oder Degen, deren ritueller Wettkampf sich auf Griffe und Handschläge unterhalb der Gürtellinie beschränkt. Zum besseren Verständnis der imaginierten Regeln dienen blau bzw. rot gerahmte Siebdrucke, die veranschaulichen was erlaubt (blau) und was verboten (rot) ist. Sie sind einem realen höfischen Fechtbuch von Hans Talhoffer aus dem 15. Jahrhundert entlehnt. Auf dem zweiten Bildschirm wird ein Pro- bzw. Epilog zu erstem Video suggeriert: Einer der beiden Kämpfer hockt am Boden eines Hotelzimmers und besprüht seine Geschlechtsteile – es bleibt undeutlich ob es sich um eine präventive, betäubende Maßnahme, oder um einen regenerativen Prozess handelt.
Felix Burgers Setting lebt von Mehrdeutigkeiten, psychologischen Überlegenheits- und medizinischen Selbstoptimierungsgesten, physischen wie metaphorischen Reflexionen, Assoziationen von Sex und Gender sowie beunruhigenden Ritualen. „Don’t Be Maybe“ ist eine zeitgenössische Inszenierung von Ängsten, inneren Konflikten und gesellschaftlicher Zerstreuung und führt uns vor, wie wir diese pathetisch durch Pseudokulte zu überwinden suchen.